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„Armut: Schau nicht weg!“ (2004-2007)

Armut ist in Deutschland keine Randerscheinung mehr. Jedes siebte Kind ist mittlerweile arm. Ihnen wird dadurch schon früh der Weg in die Gesellschaft erschwert. Das wollen wir nicht hinnehmen. Deshalb machen wir uns für arme Kinder und Jugendliche in Deutschland stark.

Höchste Zeit, etwas gegen Kinderarmut zu tun! Beim Aktionstag 2005 in Hessen

Ausgangssituation

Besonders Kinder und Jugendliche sind immer häufiger von Armut betroffen. Als das Jugendrotkreuz 2004 die Kampagne „ARMUT: SCHAU NICHT WEG!“ startete, waren 37 Prozent der damals drei Millionen Sozialhilfeempfänger/-innen unter 18 Jahren alt. Jedes siebte Kind/jeder siebte Jugendliche lebte in einer Familie, die weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen Einkommens zur Verfügung hat.

Doch nicht nur das Einkommen spielt eine Rolle, denn Armut wirkt sich auf viele Lebensbereiche aus. Arme Menschen, vor allem Kinder und Jugendliche haben oft weniger soziale Kontakte und weniger Freunde, ihre Aussichten für die schulische und berufliche Ausbildung sind schlechter, sie leiden stärker unter körperlichen und seelischen Belastungen und haben weniger Freizeitmöglichkeiten, um solche Belastungen auszugleichen.

Das Jugendrotkreuz wollte diese Situation nicht länger hinnehmen. Drei Jahre lang hat sich der Verband deshalb mit Armut in allen Lebensbereichen auseinandergesetzt, hat seine Mitglieder mobilisiert, Aktionen und Projekte gestartet, Medien herausgegeben, das Gespräch mit politisch Verantwortlichen gesucht. Und darum gekämpft, dass Kinder- und Jugendarmut in Deutschland als Problem wahrgenommen und anerkannt wird.

Ziele

1. Wir wollten erreichen, dass in Deutschland Kinder- und Jugendarmut als Problem erkannt und breit darüber diskutiert wird. Wir wollten, dass in der Politik ein Umdenken stattfindet und mehr Ressourcen für Kinder und Jugendliche bereitgestellt werden.

2. Wir wollten arme Kinder und Jugendliche mit konkreten Projekten unterstützen, um vor Ort die negativen Folgen von Armut für junge Menschen zu verringern, z.B. durch kostengünstige Freizeiten, Ferienaktionen für Daheim-Gebliebene oder Sprachpartnerschaften für Migrantinnen und Migranten.

3. Wir wollten unseren eigenen Umgang mit Geld und Konsum im Jugendrotkreuz hinterfragen und erreichen, dass alle Kinder und Jugendliche die Angebote des Jugendrotkreuzes nutzen können, egal ob sie arm oder reich sind.

Ergebnisse

Alle 19 Landesverbände des Roten Kreuzes beteiligten sich an der Kampagne, in über 170 Städten fanden mehr als 300 größere Aktionen zum Thema statt. Mehr als 8500 Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter nutzten die Arbeitshilfe zur Kampagne. Mehrere Bundes- und unzählige Landes- und Kreiswettbewerbe standen unter dem Thema. Die beiden Unterrichtseinheiten „Ohne Moos nix los“ und „Reiches Land – arme Kinder“ gingen an 17 000 Schulen im gesamten Bundesgebiet. Über 7000 Mal wöchentlich wurde auf die Homepage www.schaunichtweg.de zugegriffen. Die Fotoausstellung „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ war in insgesamt 20 Städten zu Gast.

Zahlen über Zahlen, die sehr eindrucksvoll belegen, wie sehr sich das Jugendrotkreuz engagierte, um dem Thema Kinder- und Jugendarmut in Deutschland eine Lobby zu verschaffen. Und darüber hinaus konkret Hilfe zu leisten – auch in Zusammenarbeit mit anderen Bereichen des Roten Kreuzes, aber auch zusammen mit der Schirmherrin Renate Schmidt, die zu der Zeit Bundesfamilienministerin war, den Botschaftern Jette Joop, Christian Berg und der Band „Die dritte Generation“ sowie einem wissenschaftlichen Kampagnenbeirat.

Bundesweite Aktionen und Highlights

März 2004: Auftaktveranstaltung

Der Startschuss zur Kampagne fiel vom 26. bis 28. März 2004 im fränkischen Lichtenfels. Drei Tage lang wurden rund 100 Jugendrotkreuzlerinnen und Jugendrotkreuzler aus ganz Deutschland zu M-Teams – M wie Multiplizieren, Mitmachen, Motivieren - ausgebildet. Anschließend brachten sie die Kampagne in ihren Landes- und Kreisverbänden ins Rollen.

April bis Juni 2004: Kampagnen-Wettbewerb

Beim Wettbewerb „Schau nicht weg – zeig was du siehst!“ ging es nicht darum, arme Kinder vor die Kameralinse zu zerren, sondern zu zeigen, was faul in Deutschland ist, wie sich Armut auswirkt, in welchen Bereichen sie zu finden ist. Bilder, Texte, Gedichte und mehr waren willkommen, die Sieger wählte eine Jury mit Jette Joop aus.

Januar 2005: Fotoausstellung „Ich sehe was, was du nichts siehst“

Nachwuchsfotografinnen und Nachwuchsfotografen des Berliner Lette-Vereins, einer bekannten Ausbildungsstätte für Fotodesigner, gaben dem Alltag von armen und Kindern und Jugendlichen in 120 Bildern ein Gesicht. Nach der Vernissage im Museum für Kommunikation Berlin mit rund 500 Gästen tourte die Ausstellung mit Erfolg durch zahlreiche Landes- und Kreisverbände.

März 2005: Positionspapier „Armut: Tu was!“

Auf der Grundlage der drängendsten Probleme hat das gesamte JRK Forderungen an Politik und Gesellschaft zur Verbesserung der Lebenssituation von armen Kindern und Jugendlichen aufgestellt und auf dem Bundesdelegiertentag 2005 in Saarbrücken beschlossen. Aspekte aus den Themenbereichen Freizeit, Gesundheit, Schulden, Bildung und Wohnumfeld griffen die Delegierten auf der Basis des politischen Meinungsbildungsprozesses „Sehen-Hören-Mitreden“ auf und arbeiteten sie in Workshops zu Forderungen und Selbstverpflichtungen aus.

Mai 2005: Aktionstag

Unter dem Motto „Kinder brauchen Zukunft“ machte sich am Weltrotkreuztag 2005 das Jugendrotkreuz gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz bundesweit für arme Kinder und Jugendliche stark. In mindestens 70 Kreisverbänden liefen Aktionen, um lautstark Chancengleichheit für alle junge Menschen einzufordern.

Mai 2005: Bundestagsfrühstück

Rund 60 Bundestagsabgeordnete waren beim 15. "Rotkreuz-Frühstück" am 12. Mai 2005 dabei. Das alljährliche Zusammentreffen ist mittlerweile eine Art parlamentarischer Tradition und dient dem Gedankenaustausch zwischen Politikern und Rotkreuzlern über aktuelle Rotkreuz-Aktivitäten, wozu 2005 natürlich „ARMUT: SCHAU NICHT WEG!“ gehörte. Bundesleiterin Birgit Hantzsch stellte die Kampagne vor.

November 2005: Blickpunkt Kampagne

Austauschen und noch einmal Feuerfangen – die beiden Hauptinhalte des „Blickpunktes Kampagne“ in Berlin. Rund 65 M-Teamerinnen und M-Teamer fanden sich eineinhalb Jahre nach Kampagnenstart erneut zusammen, berichteten von Aktionen, tauschten Erfahrungen aus und informierten sich über neue Fakten. Ganz wichtig dabei: die Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit zur noch stärkeren Verbreitung des Positionspapiers. Der Blickpunkt bildete den Abschluss der Kampagnenaktionen auf Bundesebene, war aber genauso Anlass für die Teilnehmer aus den Kreis- und Landesverbänden, noch einmal durchzustarten.

Juni 2006: Gespräch mit Bundesfamilienministerin

Kinder- und Jugendarmut in Deutschland nicht nur zum Thema machen, sondern auch politisch Lösungen anstoßen – so ist es in den Zielen formuliert. Auf Vermittlung von DRK-Präsident Rudolf Seiters gelang das auf höchster Ebene: Am 28. Juni 2006 waren Jugendrotkreuzler bei Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen zu Gast, stellten die Kampagne vor und überreichten ihr das Positionspapier.

März 2007: Offizieller Abschluss 

Auf dem Bundesdelegiertentag 2007 in Münster wird die Kampagne offiziell mit einem Rückblick und der Präsentation der Dokumentation abgeschlossen.

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